DIASCA: Für eine digitale öffentliche Infrastruktur (DPI)
Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR) und die europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) stellen neue Anforderungen an Unternehmen. Diese müssen zukünftig nachweisen, dass sie den gesetzlichen Sorgfaltspflichten nachkommen. So entsteht eine unmittelbare Dringlichkeit, die Herkunft und die Nachhaltigkeit der Produktion von Agrarprodukten nachzuvollziehen und sicher zu dokumentieren.
Auch die Anzahl von Rückverfolgbarkeitslösungen auf dem Markt steigt stetig. Leider können die verschiedenen Systeme Daten meist nicht miteinander austauschen, weil die Daten nicht kompatibel sind. Es fehlt Interoperabilität der digitalen Lösungen miteinander. Produzentenorganisationen, aber auch nachgelagerte Akteure der Lieferkette müssen dadurch Daten mehrfach erheben, speichern und konvertieren – das bedeutet mehr Aufwand und steigert die Fehleranfälligkeit.
Digitale Standards für die Rückverfolgung von Produkten entlang der Lieferketten können die Effizienz erheblich steigern und den Informationsaustausch innerhalb von Lieferketten erleichtern. Solche Standards bilden die Basis für den Datenaustausch und die zuverlässige Dokumentation unternehmerischer Sorgfaltspflichten. Die Interoperabilität von Rückverfolgbarkeitssystemen von den Erzeuger*innen bis zu den Verbraucher*innen kommt daher allen Akteuren der Lieferkette zugute, um Themen wie Transparenz, Vermeidung von Entwaldung und Sicherung eines existenzsichernden Einkommens für Landwirtinnen und -wirte anzugehen.
Vom Nebeneinander zum Miteinander
Ein Ziel der DIASCA ist die Erarbeitung gemeinsamer offener Standards zur Unterstützung von Interoperabilität zwischen Rückverfolgbarkeitssystemen. Zwei dabei im Fokus stehende Themen sind die regulatorischen Anforderungen in Bezug and Entwaldung, sowie auf den Themenbereich „Existenzsichernde Einkommen und Löhne“. Zu beiden Themen sollen Lösungen auch in Hinblick auf den EU-Legislativvorschlag, erarbeitet und durch Referenzprojekte aus der Praxis untermauert werden. Es geht darum, sich auf Best-Practice-Empfehlungen zur Überwindung der aktuellen Herausforderungen des Datenaustauschs bei Rückverfolgbarkeitsanwendungen zu einigen, indem globale, offene und sektorübergreifende Standards entwickelt und genutzt werden.
Mit ihrer Zielsetzung ermöglicht und fördert die DIASCA:
- die Kompatibilität verschiedener Lösungen, und damit einen viel effizienteren Austausch von Daten entlang der Agrarlieferketten
- die Effizienz der Datenerhebung im Ursprung, dadurch dass Daten vergleichbar und für unterschiedliche Zwecke nutzbar gemacht werden
- die Wahlfreiheit und den Zugang zu digitalen Lösungen für alle Akteure in der Lieferkette
- die direkte Teilhabe kleinbäuerlicher Organisationen am Nutzen des deutschen Sorgfaltspflichtengesetzes
- erhöhtes Einkommen für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern durch mehr Transparenz in Agrarlieferketten.
DIASCA: Gemeinsam für ein interoperables Ökosystem digitaler Lösungen in der Landwirtschaft zum Nutzen von Produzentinnen und Produzenten.
Von Datenstandards zur digitalen öffentlichen Infrastruktur (DPI) für die Einhaltung der EUDR
Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte wird am 30. Dezember 2024 in Kraft treten und erfordert die digitale Erfassung spezifischer Daten, um die Einhaltung dieser Verordnung sicherzustellen:
- Geolokalisierung der Felder: Es ist erforderlich, Geodaten von landwirtschaftlichen Flächen zu erfassen – entweder in Form von Polygonkoordinaten für Felder oder zumindest als Geopunkte für Flächen unter 4 Hektar.
- Waldmonitoring: Es benötigt zuverlässige Methoden, die auf Basis von Satellitenbildern, eine präzise Beurteilung darüber ermöglichen, ob innerhalb eines bestimmten Zeitraums Abholzung stattgefunden hat oder nicht.
- Rückverfolgbarkeit: Informationen und Daten zur Herkunft des Produkts müssen über Rückverfolgbarkeitslösungen entlang der gesamten Lieferkette bis hin zum Import in den EU-Markt weitergegeben werden.
Bisher fehlen erprobte und kosteneffiziente Lösungen, die alle drei dieser Anforderungen erfüllen können. Aus diesem Grund arbeitet ein Konsortium, bestehend aus DIASCA/GIZ, Linux Foundation/AgStack, COSA und CGIAR, aktiv an der Entwicklung eines Prototyps für eine integrierte, quelloffene digitale öffentliche Infrastruktur (DPI), die dazu dienen soll, die EUDR-Richtlinien zu erfüllen. Diese DPI basiert auf mehreren bereits existierenden digitalen Infrastrukturen und Softwarekomponenten. Die Open-Source-Anwendungen sollen vor allem Kleinbäuerinnen und -bauern sowie Produzentenorganisationen dabei unterstützen, die Anforderungen der EUDR effektiv umzusetzen.