Commodity Hub Brasilien

Das Projekt AgriChains Brasilien arbeitet daran, die Nachhaltigkeit der Sojalieferkette zu erhöhen. Es verbindet dabei Ansätze der Lieferkette und des Territorialmanagements, um Landschaften und Ökosysteme im Cerrado-Biom zu schützen sowie Lieferketten für Bäuerinnen und Bauern der Familienbetriebe und traditionelle Bevölkerungsgruppen, darunter Babassu- und Carnauba-Produzentinnen und -Produzenten, zu stärken. Die Initiative verknüpft Verbesserungen in der Lieferkette (Rückverfolgbarkeit, Zertifizierung und unternehmerische Sorgfaltspflichten) mit Landschaftsschutz und der Stärkung von Gemeinschaften. Für Sojaproduzentinnen und Sojaproduzenten bietet sie technische Unterstützung bei nachhaltiger Landwirtschaft und entwaldungsfreien Praktiken und unterstützt gleichzeitig die Einhaltung der EU-Due-Diligence-Verordnung (EUDR) Brasiliens durch Rückverfolgbarkeitsmechanismen. Parallel dazu stärkt das Projekt traditionelle Gemeinschaften durch die Formalisierung der Babassu- und Carnauba-Lieferketten: Es verbessert die Arbeitsbedingungen, unterstützt Genossenschaften und verbindet Erntehelferinnen und Erntehelfer mit ethischen Märkten und verantwortungsvollen Käuferinnen und Käufern. Durch Multi-Stakeholder-Plattformen und politisches Engagement schafft das Projekt Modelle, um landwirtschaftliche Produktion mit Waldschutz und sozialer Inklusion in Einklang zu bringen und bereitet brasilianische Zulieferer darauf vor, der wachsenden internationalen Nachfrage nach nachhaltigen Rohstoffen gerecht zu werden.

Umweltbezogene Sorgfaltspflicht Unternehmerische Landwirtschaft Schutz & nachhaltige Nutzung von Biodiversität Soziale Sorgfaltspflicht Corporate Due Diligence Freiwillige Nachhaltigkeitsstandards Transparenz & Rückverfolgbarkeit Soja Carnauba Babassu Brasilien Aktuell
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Ziel des Projekts ist es, eine nachhaltige Sojaproduktion zu fördern, das Cerrado-Biom zu bewahren und die Lebensgrundlagen von Kleinbäuerinnen und -bauern sowie traditionellen Gemeinschaften zu stärken – durch:

  • Verbesserung der Lieferketten (z. B. Rückverfolgbarkeit, Zertifizierung, unternehmerische Sorgfaltspflichten)
  • Schutz der Landschaft und Biodiversität (z. B. Multi-Stakeholder-Governance, Erhalt sensibler Ökosysteme)
  • Stärkung der Lebensbedingungen vor Ort (z. B. Kapazitätsaufbau, Unterstützung öffentlicher Politiken, Zugang zu Märkten)

Brasilien ist der weltweit größte Produzent von Soja mit einer jährlichen Erntemenge von rund 170 Millionen Tonnen. Etwa die Hälfte dieser Produktion stammt aus dem Cerrado, einer artenreichen Savannenlandschaft, die jedoch zunehmend mit erheblichen ökologischen Herausforderungen konfrontiert ist, darunter Entwaldung, Umwandlung nativer Vegetation und Landkonflikte.

Gleichzeitig verschärfen gesetzliche Vorgaben wie die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) die Anforderungen an Nachhaltigkeit und Rückverfolgbarkeit von Importen nach Europa. Dies erhöht den Druck auf brasilianische Produzenten und Produzentinnen und politische Entscheidungsträger und -trägerinnen, transparente und umweltverträgliche Lieferketten sicherzustellen.

Vor diesem Hintergrund verfolgt das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanzierte Projekt AgriChains Brazil das Ziel, die Sojalieferkette durch die Verknüpfung von lieferkettenbezogenen und landschaftsbezogenen Ansätzen nachhaltig zu transformieren. Im Fokus stehen dabei die Förderung nachhaltiger Produktionspraktiken, der Schutz wertvoller Ökosysteme sowie die Stärkung der Lebensbedingungen von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und traditionellen Gemeinschaften im Bundesstaat Maranhão – einer bedeutenden Sojaregion im Cerrado.

Das Projekt, entwickelt im Rahmen einer deutsch-brasilianischen Zusammenarbeit, vereint Sojahändler, europäische Abnehmer, Logistikunternehmen, Regierungsstellen und Nichtregierungsorganisationen. Ziel ist es, eine nachhaltige Sojaproduktion im Cerrado-Biom Brasiliens zu fördern, Ökosysteme zu bewahren und ländliche Gemeinschaften zu stärken. 

Der Ansatz des Projekts umfasst die Verbesserung der Lieferketten durch Rückverfolgbarkeitssysteme, Zertifizierungsprogramme und unternehmerische Sorgfaltspflichten; den Schutz von Landschaften durch Multi-Stakeholder-Governance und Maßnahmen zum Erhalt von Ökosystemen; sowie die Stärkung der Lebensgrundlagen durch Kapazitätsaufbau, öffentliche Politiken und verbesserten Marktzugang. Zu den zentralen Strategien zählen die Schulung von Landwirt*innen in nachhaltiger Landwirtschaft, die Entwicklung und Umsetzung von Rückverfolgbarkeitssystemen sowie der Aufbau von Multi-Stakeholder-Plattformen wie den „Soy Dialogues“.

Das Projekt berät brasilianische Stakeholder bei der Umsetzung der EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (EUDR) und widmet sich sozialen Herausforderungen, etwa durch die Stärkung frauengeführter Kooperativen oder die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in sensiblen Lieferketten wie der Carnaubawachs- und Babassuölproduktion. Diese Maßnahmen verbinden Interventionen auf Feldebene mit politischer Arbeit, um systemischen Wandel im brasilianischen Agrarsektor zu bewirken.

Transparenz und Compliance in der Lieferkette:

50 % der Sojaanbauflächen liegen im Cerrado-Biom, das stark von Entwaldung, der Umwandlung nativer Vegetation und mangelnden nachhaltigen Anbaupraktiken betroffen ist. Zwar verfügt Brasilien über strenge Umweltgesetze, jedoch erschweren schwache Durchsetzung und uneinheitliche Landnutzungsregelungen die Unterscheidung zwischen legaler und illegaler Entwaldung. Viele Betriebe verfügen nicht über ausreichende Dokumentation, und die Lieferketten sind oft fragmentiert, was die Überprüfung von Nachhaltigkeitsversprechen erschwert. Finanzielle Anreize zur Reduzierung von Entwaldung und zur Förderung guter landwirtschaftlicher Praxis sind bislang begrenzt. Zudem befinden sich bestehende Rückverfolgbarkeitssysteme in Brasilien noch im Aufbau, wodurch Lücken bei verlässlicher Zertifizierung bestehen. Dies schwächt die Umsetzung und Kontrolle von entwaldungsfreiem Soja gemäß EUDR-Vorgaben.

Soziale und ethische Risiken

Konflikte um Landnutzung zwischen Agrarunternehmen und traditionellen Gemeinschaften sind weit verbreitet. Produzentinnen und Produzenten und Arbeiterinnen und Arbeiter – etwa im Bereich der Babassu- und Carnaubawachsgewinnung – die in der Nähe von Sojafarmen leben, arbeiten häufig unter prekären Bedingungen und in informellen Strukturen. Ohne wirksame Sorgfaltspflichten und soziale Schutzmechanismen besteht für Unternehmen das Risiko, Soja aus Lieferketten zu beziehen, die mit sozialer Ausbeutung verbunden sind – was ihren Ruf im Bereich Nachhaltigkeit erheblich schädigen kann.

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© GIZ BR

Landarbeiter schneidet die Blätter der Carnaubapalme

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© GIZ BR

Zwei Frauen brechen die Babassu-Nuss auf traditionelle Weise auf

Brasilianische Vereinigung der pflanzlichen Ölindustrie (ABIOVE) und Bundesuniversität Maranhão (UFMA): UFMA hat in Partnerschaft mit der ABIOVE und der GIZ die Leitung des Agro-Plus-Programms übernommen, das sich auf nachhaltige Sojaproduktion im Bundesstaat Maranhão konzentriert. Diese Zusammenarbeit erweitert die technische Unterstützung für Landwirtinnen und verbindet Branchenexpertise mit akademischen Ressourcen, um die Einhaltung von Umweltstandards zu fördern und zukünftige Agrarwissenschaftlerinnen in verantwortungsvollen Anbaumethoden auszubilden.

WWF, Forum Nachhaltigere Eiweißfuttermittel (FONEI) und deutsche Unternehmen: Mit dem Ziel, entwaldungsfreie Sojalieferketten zu fördern sowie Transparenz und Rückverfolgbarkeit zu verbessern, wurden durch WWF und GIZ bedeutende Fortschritte erzielt, insbesondere durch die Einrichtung von Arbeitsgruppen mit großen Soja-Einkaufsunternehmen. Die Partnerschaft wurde 2023 erneuert und legt nun den Schwerpunkt auf eine intensivere Einbindung deutscher Unternehmen, um deren Verpflichtungen zu stärken und das öffentliche Bewusstsein für entwaldungs- und umwandlungsfreie Sojalieferketten zu erhöhen.

Central do Cerrado und Union for Ethical BioTrade (UEBT): Die Zusammenarbeit zwischen GIZ und Central do Cerrado im Rahmen des Projekts AgriChains Brazil zielt darauf ab, die nachhaltige Babassu-Produktion zu fördern und soziobiodiverse Unternehmen in der Region Maranhão zu unterstützen. Durch technische Assistenz und Kapazitätsaufbau in einer lokalen Siedlung wird nachhaltige Landwirtschaft gestärkt und die Lieferketten für Kleinbäuerinnen und traditionelle Gemeinschaften verbessert. Das Projekt schützt Landschaft und Ökosysteme im Cerrado-Biom, gewährleistet nachhaltige Produktionsmethoden und verbessert die Lebensbedingungen der Babassu-Produzentinnen.

UEBT, Initiative für verantwortungsvolle Carnauba (IRC) und Carnaubawachs-Unternehmen: Gemeinsam setzen sie sich für die Bekämpfung von Arbeitsrechtsverletzungen ein, fördern Rückverfolgbarkeit und implementieren den Ethical BioTrade Standard, um faire Arbeitsbedingungen für Erntehelfer*innen sicherzustellen. Die GIZ unterstützt diese Initiative durch die Förderung von Multi-Stakeholder-Dialogen, technische Beratung und Hilfestellung bei der Ausrichtung der Unternehmen an internationalen Nachhaltigkeitsstandards.

Früher haben wir isoliert gearbeitet. Das AgriChains Brazil Projekt hat mehrere Partner eingebunden, die uns bei unserer Arbeit unterstützen. Wir sind überzeugt, dass wir umso mehr produzieren können, je nachhaltiger wir werden.

Fernando Barbosa – Sojaproduzent in Maranhão

  • 178 Sojafarmen (270.000 Hektar) profitierten von technischer Unterstützung und nationalen Nachhaltigkeitsprotokollen zur Verbesserung sozial-ökologischer Praktiken.
  • 1.320 Produzenten und Produzentinnen, Arbeite und Arbeiterinnen und Techniker und Technikerinnen wurden geschult, um ihre sozial-ökologischen Kompetenzen in der Sojaproduktionskette zu erhöhen.
  • 1.213 Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und Arbeiterinnen und Arbeiter wurden in sozial-ökologischen Kompetenzen im Bereich Sozio-Biodiversitätsketten weitergebildet.
  • Entwicklung von staatlichen und kommunalen öffentlichen Plänen und Strategien mit einem Landschaftsansatz zur Stärkung der Familienlandwirtschaft und der Umweltregulierung in Sojaproduktionsgebieten.
  • Mehr als 200 Institutionen, Unternehmen, NGOs und öffentliche Akteure nahmen an den Workshops und Veranstaltungen der Sustainable Soy Dialogues teil, die zur Gründung der Sustainable Soy Alliance beitrugen – einer Plattform zum Austausch von Lösungen und Innovationen für nachhaltigen Sojaanbau in der MATOPIBA-Region (Bundesstaaten Maranhão, Tocantins, Piauí und Bahia) des brasilianischen Cerrados.

Das AgriChains Brazil Projekt besitzt ein großes Potenzial, die Lieferketten von Soja, Babassu und Carnauba hin zu nachhaltigen und sozial gerechten Modellen zu entwickeln.

Im Sojasektor eröffnet das Projekt Möglichkeiten, die entwaldungsfreie Produktion im Cerrado großflächig zu fördern. Durch die Verbesserung der nationalen Rückverfolgbarkeitssysteme und die Anpassung an internationale Standards kann die Initiative dazu beitragen, den Zugang zu Premium-Märkten in Europa zu sichern und Landnutzungskonflikte zu reduzieren. Künftige Maßnahmen sollten finanzielle Anreize bieten, um Landwirt:innen zur Anwendung nachhaltiger Praktiken zu motivieren.

Die Lieferketten von Carnaubawachs und Babassu bieten Chancen für tiefgreifende Veränderungen. Die Kooperation mit internationalen Zertifizierungen und verantwortungsvollen Abnehmern ermöglicht es, Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Einkommen der Erntehelfer:innen zu erhöhen. So könnte Brasilien gezielt ethisch orientierte Käufer:innen aus den Bereichen Kosmetik und Lebensmittel anziehen.

Der langfristige Erfolg aller drei Lieferketten hängt ab von:

  • der Stärkung der Governance auf Landschaftsebene
  • der Sicherung von Finanzmitteln, um Nachhaltigkeit wirtschaftlich attraktiv für Produzent:innen zu machen
  • der Einbeziehung traditioneller Gemeinschaften durch integrative Geschäftsmodelle

Mit weiterer Innovation kann das Projekt als Vorbild dienen, wie Landwirtschaft, Waldschutz und soziale Gerechtigkeit im Cerrado-Biom erfolgreich miteinander verbunden werden können.