30. Mai 2025

Vom Projekt zu langfristiger Wirkung: Wie Fit4Scale Umsetzungspartner*innen in Skalierung befähigt

Warum Skalierung keine Checkliste ist und wie Fit4Scale Umsetzungspartner*innen befähigt, ihre Wirkung zu entfalten

„Skalierung“ ist allgegenwärtig. Es gibt wohl kaum ein Innovationsprojekt, in dem dieses Thema nicht früher oder später aufkommt. Mehr Geld, mehr Menschen, mehr Länder, mehr Reichweite, mehr Wirkung, mehr Nachhaltigkeit - das ist das verbreitete Verständnis von Skalierung. Häufig wird Skalierung als „more of the same“ interpretiert, also als schnelles Wachstum oder standardisiertes Ausrollen eines Modells. Dabei lohnt es sich, zwischen zwei grundlegend unterschiedlichen Ansätzen zu unterscheiden: Transactional Scaling und Transformational Scaling.  

Beim transaktionalen Skalieren wird der bereits genannte Ansatz verfolgt: Es werden mehr Budget, mehr Standorte und mehr Nutzer*innen angestrebt. Der Fokus liegt auf dem kurzfristigen Output einzelner Projekte. Beim transformationalen Skalieren hingegen werden die systemischen Rahmenbedingungen und der tatsächliche Umfang des Problems berücksichtigt. Dadurch können nach und nach Grundursachen angegangen, hilfreiche lokale Rahmenbedingungen geschaffen und langfristige Wirkung realisiert werden. Es wird ein systemischer Ansatz gewählt, wobei Projekte nur als Zwischenschritt auf dem Weg zur nachhaltigen Wirkung verstanden werden.

Außerdem lässt sich zwischen „Large“ und „Optimal“ Scale unterscheiden. Bei ersterem werden die Ergebnisse im Verhältnis zur Größe des Problems betrachtet. So kann die Verbesserung der landwirtschaftlichen Existenzgrundlagen von 10.000 Begünstigten in Malawi relevant sein, in Indien jedoch nicht. Bei der optimalen Skalierung wird der Kompromiss zwischen Reichweite, Qualität der Wirkung, Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und Menschenrechten berücksichtigt.

Dass Skalierung im Agrarsektor immer stärker in den Fokus rückt, zeigt sich auch dadurch, dass sich führende Akteure systematisch mit dem Thema befassen. Neben der FAO oder der Scaling Community of Practice spielt auch die CGIAR eine zentrale Rolle mit einem umfassenden Innovationsportfolio und einem neuen Scaling for Impact Program, dem ersten Programm der CGIAR, das sich ganz der Skalierung von Innovationen in den Bereichen Ernährung, Land und Wasser widmet. 

Der von CIMMYT entwickelte Scaling Scan – ein praxisorientiertes Analyseinstrument, unterstützt Teams weltweit darin, ihre Innovationen systematisch auf Skalierungspotenziale zu prüfen. Auch das BMZ hat mit dem Scaling Toolkit (2024) ein fundiertes und praxisnahes Werkzeug zur Skalierung von (digitalen) Innovationen in der internationalen Zusammenarbeit veröffentlicht. 

Das Capacity-Building-Format Fit4Scale wurde vor dem Hintergrund der geschilderten Entwicklungen und basierend auf der wachsenden Bedeutung von Skalierung von Innovationen im Agrarsektor, auch für den Fonds zur Förderung von Innovation in der Agrar- und Ernährungswirtschaft (i4Ag), entwickelt. Angesichts seines Portfolios von über 40 Innovationen in rund 55 Ländern hat der i4Ag einen erheblichen Bedarf, diese zu verankern und gemeinsam mit den Umsetzungspartnern zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Fit4Scale verbindet die konzeptionellen Grundlagen des Scaling Scan und des Scaling Toolkits mit einem interaktiven Lernprozess und ist somit die Antwort auf den Bedarf, nicht nur Tools bereitzustellen, sondern gezielt Führungskompetenz für Skalierung aufzubauen. Ziel ist es, Umsetzungspartner*innen zu befähigen, fundierte Skalierungsstrategien zu entwickeln – und dabei selbst Verantwortung für die nachhaltige Skalierung und Wirkungen der Innovationen zu übernehmen.

Anders als der Scaling Scan, der als Diagnose-Tool wie ein Sprachtest erste Hinweise für die Skalierung einer Innovation geben kann, versteht sich Fit4Scale eher als ein interaktiver Sprachkurs für Skalierung: ein Lernraum, in dem Teams sich die Denkweise, Kompetenzen und Tools aneignen, während sie eigenständig an der verantwortungsvollen, kontextgerechten und wirkungsorientierten Skalierung ihrer Innovationen arbeiten. Das Ziel besteht darin, Innovationsteams zu befähigen, ihre eigene Skalierungsstrategie zu entwerfen und sie gemeinsam mit ihren Partnerorganisationen weiterzuentwickeln - basierend auf fundierten Methoden, aber vor allem auf ihrer eigenen Expertise und den Bedürfnissen ihres Ökosystems. 

Deshalb fanden sich im November 2024 rund 20 Teilnehmende von zwölf Innovationen für die erste Online-Session zusammen. Das Thema: die Zielgruppe verstehen. Die nächsten drei Online-Sessions fanden im November und Dezember 2024 statt. Unter anderem wurden eine aktualisierte Theory of Change und eine Stakeholder-Ökosystem-Map entworfen sowie Skalierungsvisionen und -pfade definiert. Ein besonderes Highlight war der intensive einwöchige Präsenzworkshop, auch Scaling Sprint genannt, im März 2025 in Bangkok, der auf breite Zustimmung stieß. Umsetzungspartner*innen von verschiedenen i4Ag-Innovationen kamen zusammen, um gemeinsam zu lernen, zu diskutieren und über disziplinäre und regionale Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Das Ziel war, dass jedes Team eine Skalierungsstrategie entwirft, um anschließend eigenständig konkrete Schritte anzugehen und die Strategie mit Partner*innen iterativ weiterzuentwickeln. 

Die Evaluation ergab, dass die Teilnehmenden von Fit4Scale überzeugt sind. Dies zeigen auch die folgenden Zitate von Teilnehmer*innen: 

The training led us to deeply evaluate our own scaling journey and processes and forced us to really challenge and interrogate our approach. Which for me was a big win.”

“I am glad that I was given the tools and skills to think about the solution as opposed to being given a solution as I had previously anticipated. Thinking things through has allowed me to think of other projects in a similar manner.”
 

Neben den methodischen Impulsen entstand ein Netzwerk zwischen den Teams, in dem gemeinsame Herausforderungen sichtbar, Synergien identifiziert und erste konkrete Folgeprozesse angestoßen wurden. Aktuell arbeitet beispielsweise ein Teil der Teilnehmenden gemeinsam an der Kombination mehrerer Innovationen im Reissektor zur Steigerung des Skalierungspotenzials (sog. „Innovation Bundling“). 

Was es für eine wirkungsvolle Skalierung braucht, ist mehr als nur ein Plan. Es braucht Ownership, systemisches Denken und eine enge Zusammenarbeit mit dem Ökosystem. Wirklich transformative Skalierung entsteht dort, wo Innovationen tief im lokalen Kontext verwurzelt, durchdacht weiterentwickelt und von starken Partnerschaften getragen werden. Fit4Scale versteht sich als ein Baustein auf diesem Weg und inspiriert dazu, Skalierung nicht nur als Ziel, sondern als gemeinsame, verantwortungsvolle Gestaltungsaufgabe zu begreifen. 

Das erste Fit4Scale-Format hat gezeigt: Der Bedarf ist groß und das Potenzial ebenso. 

Aktuell arbeitet das SCALE Team des i4Ag an einer zweiten Kohorte, die gezielt an die Erfahrungen aus dem ersten Pilotdurchlauf anknüpft. Darüber hinaus gibt es Überlegungen, wie sich das Format perspektivisch in andere Bereiche integrieren und institutionalisieren lässt, etwa durch die Schulung von Projektverantwortlichen bei der GIZ.

Anna Börries / Bettina Meyer-Vowinkel