In der Praxis verankert: Stakeholder-Meeting der SASI zu globalen Agrarlieferketten
Beim jährlichen Treffen zu globalen Agrarlieferketten tauschten sich mehr als 120 Vertreterinnen und Vertreter aus Unternehmen, Zivilgesellschaft und Politik zu guten Praxisbeispielen, Herausforderungen und neuen Ansätzen aus. Auch wenn noch ein weiter Weg zu gehen ist, findet nachhaltiges Handeln bereits heute Einzug in immer mehr Agrarlieferketten.

Reem Alabali Radovan
Ein Artikel von Jan Rübel und Dominik Reitermann
Die Begrüßungsrednerin kommt rasch auf den Punkt. „Menschenrechtsverletzungen entlang der Lieferketten zeigen die Herausforderungen“, sagt Reem Alabali Radovan in den Saal hinein. „Dies verurteile ich als Ministerin.“ Im knapp 2.000 Quadratmeter großen Loewe-Saal hören die Teilnehmenden aufmerksam zu. „Sie als Partner der SASI sind sich dessen bewusst“, führt die Bundesministern für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) weiter aus, „es geht nicht um Produkte, sondern um Menschen“.
Es ist nicht so, dass Alabali Radovan den Zuhörenden ins Gewissen reden müsste. Wie globale Agrarlieferketten nachhaltig aufgestellt werden, darin kennen sich die hier im Berliner Stadtteil Moabit versammelten Stakeholder aus. Und so gibt die Bundesministerin den Ton für die kommenden zwei Tage vor: „Die SASI setzt Ideen wirkungsvoll um. Wir können Möglichkeiten schaffen – echte Win-Win-Situationen!“
Beim Stakeholder-Meeting der „Sustainable Agricultural Supply Chains Initiative“ (SASI), gefördert durch das BMZ und durchgeführt von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), geht es also ums Tun. Im vergangenen Jahr wurde die „Initiative Nachhaltige Agrarlieferketten“ zur „Sustainable Supply Chains Initiative“ erweitert und umbenannt. In der heutigen Veranstaltung sollen nicht nur die Erfahrungen vergangener Jahre geteilt, sondern bestehende Partnerschaften gestärkt und zukünftige Kooperationen angestoßen werden.
Im ersten Panel werden bereits gemachte Fortschritte mit einem nachhaltigen Produktkorb veranschaulicht. Die Rohstoffe Kaffee, Kakao, Palmöl und Baumwolle repräsentierend, finden sich vier Unternehmensvertreterinnen und -vertreter neben Paul Garaycochea und Ina von Frantzius, beide Teil des BMZ, ein. „Unsere Ziele sind verantwortungsvolle Einkaufstrategien“, sagt Alina Tremmel von der Lidl Stiftung, die als Mitglied in der Arbeitsgruppe des deutschen Einzelhandels zu existenzsichernden Einkommen und Löhnen an nachhaltigen Kaffeelieferketten feilt. „Wir promoten resiliente kleinbäuerliche Betriebe, immer mit Geschlechtergerechtigkeit im Kopf.“ Dies sei eine Frage des Benefits für alle Beteiligten, „wir tun dies auch aus unserem Herzen heraus“. Wie ein Leuchtturmprojekt aussieht, skizziert Nico Briskorn vom VfL Wolfsburg. Der CSR-Leiter des Fußball-Bundesligisten berichtet, wie der Vereinsfanshop sein Repertoire kontinuierlich mit nachhaltig produzierten Textilien erweitert. „Wir sind davon überzeugt, dass faire Produktion zu unserer Fankultur passt“, sagt er. „Beides basiert auf Leidenschaft.“ So erhielten Fans, die nachhaltig kaufen, eine Story. Diese kann weitergetragen und somit die Botschaft von nachhaltigen Lieferketten verbreitet werden.
So wie Briskorn für die Initiative Vom Feld in den Fanshop spricht, berichtet Almut Feller über die Fortschritte im Palmölsektor. Als Vorsitzende repräsentiert sie das Forum Nachhaltiges Palmöl (FONAP) beim Stakeholder Meeting, welches heute seinen zehnten Geburtstag feiert. „Palmöl bleibt das effektivste Pflanzenöl“, sagt Feller stellvertretend für die 55 Mitglieder des Forums. „Kein Palmöl ist auch keine Lösung.“ Was als Vision mit FONAP begonnen habe, sei nun eine starke Allianz. „Zertifizierung wurde in Deutschland zur Norm für viele Produkte.“ Doch echte Due Diligence gehe über Zertifizierungen hinaus. „Nachhaltige Lieferketten für Palmöl können nicht allein vom Privatsektor geschaffen werden.“

Benoit Anselme Teizem Sonkeng
Wie Nachhaltigkeit ein erfolgreiches Geschäftsmodell bildet, kennt Benoit Anselme Teizem Sonkeng seit Jahren. Der Leiter des Agricultural Projects Department bei Sodecoton spricht lächelnd über seine Arbeit.
Es wird viel über Palmöl, Kaffee und Kakao gesprochen. Sie sind im Baumwollgeschäft tätig – ist das inspirierend?
Benoit Anselme Teizem Sonkeng: Ja, mein Unternehmen arbeitet seit vielen Jahren mit nachhaltiger Baumwolle, und es ist faszinierend, die wachsenden Erfahrungen mit nachhaltigem Kaffee und Kakao zu beobachten. Wir alle haben unterschiedliche Perspektiven, aber immer mehr entscheiden sich für den Weg der Nachhaltigkeit.
Was sind Ihre Leitlinien auf diesem Weg?
Wir schulen unsere Bäuerinnen und Bauern darin, wie sie den Einsatz von chemischen Pestiziden und Düngemitteln reduzieren können. Wir wollen die Produktionskosten senken und damit ihr Einkommen steigern.
Was sind die Herausforderungen?
Unsere erste Herausforderung besteht darin, unseren Bäuerinnen und Bauern verständlich zu machen, dass Innovation gut für die Lieferkette ist. Und zweitens müssen wir sie schulen. Nicht zuletzt kann der Markt eine Herausforderung sein: Sie müssen ihre Erträge steigern und auf hohe Qualität hinarbeiten, um höhere Preise zu erzielen und ihr Einkommen zu steigern.
Und?
Es wird immer schwieriger. In den letzten zwei Jahren war unser Land mit zwei Phänomenen konfrontiert: Entweder zu viel oder zu wenig Regen. Und die Pflanzen litten unter Krankheiten – all dies führte zu einem Rückgang der Produktion. Wir arbeiten daran, den Ertrag, die Produktion und das Einkommen in der Baumwolllieferkette zu steigern.
Nachhaltige Agrarlieferketten sind ein zentraler Hebel zur Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs), die weltweit einen Rahmen geben, wie wir Nahrungsmittel und andere Agrarrohstoffe produzieren, handeln und konsumieren möchten. Nachhaltig gestaltete Lieferketten können Armut verringern (SDG 1), Hunger bekämpfen (SDG 2), menschenwürdige Arbeit fördern (SDG 8), nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster etablieren (SDG 12) sowie Klima (SDG 13) und Biodiversität (SDG 15) schützen. Viele Gründe also, dass die verschiedenen Stakeholder, Produzierenden sowie Händlerinnen und Händler gemeinsam an einem Strang ziehen. Nicht zuletzt betont SDG 17 Partnerschaften zur Erreichung der Ziele. Teamwork setzt allerdings Kennenlernen voraus, das durch ein Fünf-Minuten-Networking initiiert wird. Im Berliner Loewe Saal stellen sich die Teilnehmenden in zwei Reihen gegenüber und fangen rasch an, sich auszutauschen. Ein Stimmengwirr erhebt sich entlang der 28 Säulen im Bau: „Die Bananen sehen gut aus, aber die Blätter haben schwarze Streifen“, „Die Krankheit heißt Sigatoca, die Pilze befallen die Blätter und die Stauden tragen deutlich weniger Früchte“, „Das Klima begünstigt die Infektionen“, „Wie reagieren die Retailer darauf?“ – nach drei Durchgängen à fünf Minuten hat der Moderator alle Mühe, die Gespräche zu beenden und das Interesse der Teilnehmenden wieder auf die Bühne zu lenken. „Ich fühle mich wie der Sänger der Band ‚Police‘“, scherzt er ins Mikro, „so lonely“!
Doch nun liegt der Fokus des nächsten Panels auf innovativen Anbaumethoden. „Noch gibt es eine sehr ungleiche Risikoverteilung“, merkt Ashlee Tuttleman vom VOCAL-Netzwerk, einer Koalition verschiedener NGOs, mit Blick auf die vielen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern an. „Produzierende müssen direkt eingebunden werden, um einen systemischen Wechsel zu erreichen.“ Dass noch viel Arbeit vor den Panelisten sowie den restlichen Teilnehmenden liegt, gibt auch Sascha Tischer zu bedenken: „Von etwa fünf Millionen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern im Palmölsektor sind bisher beispielsweise nur 180.000 zertifiziert“, so der Vize-Vorsitzende des FONAP. „Es braucht noch gewaltige Anstrengungen. Wir sind noch zu sehr damit beschäftigt, nur ‚compliant‘ zu sein. Aber es braucht mehr partizipatives und inklusives Gestalten auf beiden Seiten der Lieferkette, und zwar gemeinsam.“ Federico Ceballos vom Center for Tropical Agriculture (CIAT) bietet einen optimistischen Ausblick an: „Seit zehn Jahren beobachte ich einen Mentalitätswandel bei den Bäuerinnen und Bauern, die sich immer mehr für Nachhaltigkeit engagieren.“ Dazu ergänzt Piet van Asten von Olam Food Ingredients noch einen Blick auf die Seite der Konsumierenden: „Und es braucht Kundinnen und Kunden, die Teil dieser Reise sein wollen.“

Das letzte Panel des Tages; v. l.: Celeste Fumagalli, Gilbert Gatali, Lena Schweighöfer, Leonard Mizzi, Paul Garaycochea, Lisa Kirfel-Rühle und Moderator Christian Thorun
Produzierende und Einkäufer reflektieren also verstärkt ihre Rollen bei der Entwicklung nachhaltiger Lieferketten. Beide Gruppen schauen auf die Politik, die Thema des dritten Tagespanels ist. Denn die kann den Prozess durch nationale und internationale Gesetzgebung gestalten. „Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR) ist ein Wahrzeichen“, sagt Paul Garaycochea, Unterabteilungsleiter Nachhaltige Lieferketten; Agrar- und Ernährungssysteme im BMZ. In Brüssel steht zur Debatte, die Verordnung um ein Jahr zu verschieben und anzupassen. „Nun müssen wir zeigen, dass es keinen Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit gibt“, sagt Garaycochea zuversichtlich. Neben ihm schaut Leonard Mizzi ernst. „Es gibt Ängste in den Märkten“, beginnt der Referatsleiter für Nachhaltige Agrar- und Lebensmittelsysteme bei der EU-Kommission. „Es gibt Unsicherheit wegen der Zölle und mehr Verlockung zu einem Hardcore-Wettbewerb und weniger Augenmerk für soziale und ökologische Aspekte“, umreißt er die aktuelle politische Weltlage. „Wir müssen Team-Europe-Dynamiken entwickeln und mit dem Projekt SAFE weiterhin vorangehen, trotz der politischen und regulatorischen Unsicherheiten“, beschwört er den Zusammenhalt und erntet Beifall im Saal. Celeste Fumagalli von der International Women’s Coffee Alliance macht Mut zur Hoffnung. „Die Vorbereitung auf die EUDR ist eine Chance für Frauen. Lösungen müssen von der Basis her designt werden“, so die Vertreterin der Organisation für nachhaltigere Einkommen von Kaffeebäuerinnen, „und der Schlüssel ist das Training der Bäuerinnen.“ Lena Schweighöfer vom Kaffeeunternehmen Tchibo ergänzt: „Es gibt viele Zwischenhändlerinnen und -händler, die müssen eingebunden werden.“ Noch sei all dies nicht perfekt, „aber es gibt seit einigen Jahren Fortschritt“. Paul Garaycochea vom BMZ unterstreicht mit Blick auf die EUDR: „Wir erfinden nichts Neues. Es ist keine Bedrohung, sondern eine Chance.“ Nüchtern bilanziert Gilbert Gatali von der African Fine Coffee Association (AFCA): „All dies bedeutet nichts, wenn es nicht mit mehr Geld in den Taschen der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern endet.“

Baaman Chatin
Baaman Chatin blickt auf den ersten Tag zurück.
Was ist Ihr bisheriger Eindruck?
Baaman Chatin: Wir tauschen uns aus, niemand hält sein Wissen zurück – das ist eine großartige Plattform. Es ist von Vorteil, wenn sich bewährte Vorgehensweisen verbreiten.
Haben Sie bei dem heutigen Treffen etwas Neues gelernt?
Ich habe ein Projekt kennengelernt, in dem jungen Menschen mit Alkoholproblemen geholfen wird. Das ist beeindruckend, denn dieses Problem ist weitverbreitet in unseren Gemeinden. Im Rahmen des Projekts werden sie beraten und in eine Erwerbstätigkeit vermittelt. Anstatt verzweifelt das Handtuch zu werfen, sollten wir lieber das Positive sehen. Das macht mir Mut. Ich werde versuchen, diese schutzbedürftigen Menschen in unsere Arbeit zu integrieren. Sie verfügen über sehr gute Ressourcen. Wenn wir ihr Schicksal wenden, können wir das Beste aus ihnen herausholen.
Sie arbeiten bei Fairtrade Africa. Sehen Sie sich selbst als einen der Vorreiter in Sachen nachhaltige Lieferketten?
Wie Fairtrade Africa haben alle Partner hier eine Vision. Wenn wir uns gegenseitig ermutigen, glaube ich, dass wir unser Ziel erreichen werden. Dabei hinkt niemand hinterher. Das ist kein Wettrennen, sondern ein sehr gesunder Wettbewerb.
Was sagen Sie zur Geschwindigkeit des EU-Gesetzgebungsprozesses?
Die EUDR ist ein sehr gutes Konzept, und es gibt viele Engagements, es gibt ein Hin und Her. Ich begrüße das, weil dadurch das gesamte Konzept im Hinblick auf die bestmögliche Umsetzung optimiert wird. Wenn wir es überstürzen, erzielen wir möglicherweise nicht den größtmöglichen Nutzen.
Am nächsten Tag kommen die Stakeholder wieder im Backsteinbau der Loewe-Höfe zusammen, der früher eine Maschinenfabrik beheimatete und heute ein Sinnbild für die Transformation des Stadtteils Moabit ist. Im Zuge der Industrialisierung erlebte das ehemals landwirtschaftlich geprägt Viertel einen rasanten Bevölkerungsanstieg, dem damit einhergehende soziale Konflikte über Wohn- und Arbeitsbedingungen folgten. Auch heute befindet sich der Kiez noch immer im Spannungsfeld zwischen Wohlstand und Prekarität und steht damit symbolisch für den Fokus der Veranstaltung: Agrarlieferketten. Das erste Panel des Tages befasst sich mit dem am Vortag beschworenen systemischen Wandel und damit, in Beschaffungspraktiken Verantwortung zu übernehmen. „Wir propagieren in unseren Partnerländern Mindestlöhne“, sagt Felix Strauß von der Aldi Süd Holding, der auf dem Panel das Bananenprojekt der Arbeitsgruppe des deutschen Einzelhandels zu existenzsichernden Einkommen und Löhnen repräsentiert. „Das wurde von unseren Partnern gut angenommen“. Die Folgen seien kürzere Preisverhandlungen und eine leichtere Planung. Und Aldo Cristiano ergänzt, Einkauf sei Teil eines „Game Changers“. Der Vorsitzende des Forum Nachhaltiger Kakao betont jedoch auch: „Es braucht einen Support-Mix.“ Man müsse sich fragen, wie man Public Policy unterstützen könne. „Investitionen in Infrastruktur sind elementar“, nennt er beispielhaft. „Einkauf ist nicht alles.“ Demgegenüber gibt Matthias Fiedler vom Forum Fairer Handel zu bedenken: „Ein Support-Mix funktioniert, wenn es eine echte Roadmap für besseres Leben gibt.“ Derzeit würden viele Produzierende nicht genügend Lohn für ihre Arbeit bekommen. „Die Schlüsselfrage lautet: Wie viel Macht würde die Industrie abgeben? Wie viel Macht geht an die Produzierenden?“

Carolina Jaramillo Ferrer
Nach dieser angeregten Diskussion gibt die Panelistin Carolina Ferrer von der Uniban Foundation weitere Einblicke in die Arbeit zu verantwortungsvollen Beschaffungspraktiken.
Hier kommen viele Perspektiven zusammen, nicht wahr?
Carolina Jaramillo Ferrer: Ich sehe viele Gemeinsamkeiten. Im Globalen Süden stehen wir vor ähnlichen Herausforderungen, auch wenn sich unsere Länder unterscheiden. Dieser Raum ermöglicht es uns, eine Brücke zwischen Einkäufern und Produzierenden zu schlagen. Es ist entscheidend, dass unsere Stimmen gehört werden, denn die Realitäten vor Ort können sich stark von dem unterscheiden, was oft angenommen wird.
Was meinen Sie damit?
Manchmal kann die Sichtweise Europas auf den Globalen Süden etwas romantisierend sein. Ideen mögen in der Theorie perfekt erscheinen, aber es benötigt Anpassungen mit Blick auf die Realitäten bei uns vor Ort. Deshalb halten wir es für wichtig, konsultiert zu werden. SASI bietet eine hervorragende Plattform für diesen Dialog.
Was ist Ihre Botschaft?
Wenn wir über Nachhaltigkeit sprechen, konzentrieren wir uns oft auf zwei Säulen: die soziale und die ökologische. Aber wir dürfen die dritte Säule nicht übersehen – die wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Für Produzierende geht es ums Geschäft und ohne wirtschaftliche Rentabilität können die anderen Säulen nicht stehen.
Sehen Sie Fortschritte?
Faire Preise sind wichtig, aber um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen, sind strukturelle Veränderungen erforderlich. Existenzsichernde Löhne und Einkommen hängen nicht nur von besseren Beschaffungspraktiken ab, sondern auch von starken lokalen Institutionen, sozialem Dialog, der Stärkung der Produzierenden und einer Politik, die die Machtverhältnisse zugunsten derjenigen verschiebt, die am Anfang der Wertschöpfungskette stehen.

Sheila Senathirajah
In der Pause holt sich Sheila Senathirajah ein Glas Wasser. Die Debatte über die Rolle von Einkäufern hat sie gebannt verfolgt –sie beschäftigt sich bei der ISEAL Alliance mit existenzsichernden Einkommen.
Was ist Ihr Eindruck von den Einkaufspraktiken?
Sheila Senathirajah: Es wird viel über die Notwendigkeit einer Angleichung diskutiert, und wir erkennen dies an. Jetzt ist es jedoch an der Zeit, größere Veränderungen vorzunehmen. Wir müssen uns auf das konzentrieren, was uns wirklich weiterbringt.
Was schlagen Sie vor?
Es gibt immer noch viel Arbeit in Silos. Es ist auch schwierig für die Menschen, zusammenzukommen. Mir gefällt die Frage sehr gut, wie wir zu einem produktübergreifenden Denken gelangen können. Es besteht Bedarf an mehr Austausch. Hier kann SASI eine wichtige Rolle spielen: Ein Landwirt ist ein Landwirt. Er ist kein Kakaobauer. Er ist kein Kaffeebauer. Er ist Landwirt. Es gibt viele Möglichkeiten für SASI, als Bindeglied zwischen den verschiedenen Initiativen zu fungieren.
Es wird viel über gleiche Wettbewerbsbedingungen gesprochen. Sehen Sie das auch so?
Wir alle wollen das, aber wie bereit sind die Menschen, Kompromisse einzugehen und ihre privilegierte Position aufzugeben?
Was bedeutet das für Sie?
Für mich bedeutet es, dass der Wert gleichmäßig über die Lieferkette verteilt ist. Aber es mangelt immer noch an Verantwortlichkeit für das Risiko – und die Landwirte tragen weiterhin einen Großteil dieses Risikos.
Vermissen Sie Gespräche darüber?
Nun, ich vertrete die Living Income Community of Practice, und wir müssen mehr ins Detail gehen: Es geht nicht nur darum, das existenzsichernde Einkommen zu erreichen oder mehr zu zahlen, um ein existenzsicherndes Einkommen zu ermöglichen – wie können wir darüber hinausgehen? Wie kann ein Landwirt genug Vertrauen gewinnen, um selbstbewusst in seinen Betrieb zu reinvestieren?
Nach der ersten Networking Break können die Teilnehmenden bei einem Rundgang bereits bestehende Projekte mit großer Strahlkraft kennenlernen. An fünf Stationen werden Informationen über den Due Diligence Fund der GIZ („Unternehmen, die ihre Risiken im Austausch mit ihren Lieferanten und den potentiell Betroffenen analysieren, haben einen guten Start “), Kaffeeanbau in den Bergen Kolumbiens („Eine Alternative zum Drogenanbau und auch zur Tierhaltung“) und nachhaltige Pfefferernten in Indonesien („Aus Monokultur wird Agroforst“) präsentiert. Die Kunst, so sind sich die Menschen im Loewe-Saal einig, besteht in der gegenseitigen Bestärkung all dieser Projekte. Mit dieser Überzeugung im Kopf werden in der dritten Session des Tages Arbeitsgruppen gebildet. Eine Chance für die Teilnehmenden, ein Gefühl für gemeinsames Arbeiten zu bekommen sowie in Austausch zu existenzsicherndem Einkommen, regenerativer Landwirtschaft und Gleichstellungsfragen zu treten – und neue Partnerschaften anzustoßen.

Mary Karanu
Mary Karanu tritt zu ihrer Keynote über die Transformationen der Agrar- und Ernährungssysteme aufs Podium, die den Abschluss der Veranstaltung bildet. Mit Blick auf die aktuelle Lage gibt es viele negative Entwicklungen. Das Ziel Zero Hunger bis 2030 sei unrealistisch geworden. Klimawandel, Konflikte und Inflation sowie eine geschwächte internationale Kooperation setzten den Lieferketten zu. Umso wichtiger ist es ihr, an Unverhandelbares zu erinnern. „Zugang zu Nahrung ist ein Menschenrecht“, sagt die aus Kenia angereiste Botschafterin der Initiative Partners4Change (P4C). „Und das in Würde.“ Ernährungs- und Agrarsysteme seien jeweils als Ganzes zu betrachten und Bürgerbeteiligungen dabei von elementarer Bedeutung. Denn „davon profitieren alle Beteiligten“, rundet Mary Karanu das diesjährige Stakeholder Meeting ab. Und tatsächlich, das ist in den letzten beiden Tagen deutlich geworden, haben die hier Anwesenden kein Interesse daran, sich negativen Trends zu fügen. Dafür sind die bereits verzeichneten Erfolge zu groß und der Blick auf die bestehenden Potentiale zu motivierend. Mut zum Aufbruch macht sich breit. Die SASI, das ist die Bilanz dieses Meetings, ist mittendrin.








































