03. Dezember 2025

Inklusiver Kaffeeanbau: Neue Wege für junge Menschen mit Behinderungen in Äthiopien

Das Wachstum des äthiopische Kaffeesektors in Äthiopien schafft neue wirtschaftliche Chancen. Dabei ist es wichtig, dass alle diese wirtschaftlichen Chancen wahrnehmen können. Für Menschen mit Behinderung gibt es jedoch dabei erheblichen Hindernissen, die es zu überwinden gilt. Wir unterstützen sie dabei.

Ein begrenzter Zugang zu geeigneten Werkzeugen und Ausrüstungen, unzugängliche landwirtschaftliche Umgebungen und Transportprobleme sind physische Hindernisse, während die Marginalisierung von Menschen mit Behinderungen ihr Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen untergräbt. Hindernisse wie diese schränken ihre Beteiligung an allen Stufen der Wertschöpfungskette des Kaffees ein, vom Anbau bis zur Vermarktung.

Gemeinsam mit der Organisation Light for the World baut die SASI und ihr Team in Äthiopien Barrieren für Menschen mit Behinderungen ab und schafft so Möglichkeiten für eine echte wirtschaftliche Integration. Das Projekt CAFÉ (Creating Access for Everyone) ist Teil des SASI-Projekts zur Nachhaltigkeit und Wertschöpfung in landwirtschaftlichen Agrarlieferketten in Äthiopien (SUVASE). Es zielt darauf ab, behindertengerechte Praktiken in der gesamten Kaffeeversorgungskette zu erproben und so langfristige Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Denn auch Menschen mit Behinderungen sollten die Möglichkeit haben, in einem der bekanntesten Industriezweige Äthiopiens erfolgreich zu sein. Das sind ihre Geschichten:

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Light for the World

Aberash Geremew, Management-Absolventin der Universität Addis Abeba, war nach ihrem Studienabschluss mit einer harten Realität konfrontiert: Trotz ihrer Qualifikationen war es fast unmöglich, eine feste Anstellung zu finden. Auf kurzfristige Jobs zur Datenerfassung angewiesen, hatte sie oft das Gefühl, dass ihre körperliche Beeinträchtigung ein stilles Hindernis war ihre Ziele zu erreichen. 

Nach ihrer Teilnahme am CAFÈ-Projekt ist sie nun eine von fünf Auszubildenden, die sich im Ethiopian Coffee and Tea Authority Training Center auf Exportmanagement und Dokumentation spezialisiert haben. Für Aberash ist dieses Programm mehr als nur eine Möglichkeit, ihre Fähigkeiten zu verbessern, sie ist durch die Ausbildung unabhängiger geworden und hat Führungsqualitäten entwickelt.

"Das Training hat mir geholfen, die praktische Seite des Kaffeesektors zu verstehen", sagt sie. "Es hat mir gezeigt, dass ich nicht nur bei der Personalbeschaffung mithalten kann, sondern auch als zukünftige Geschäftsinhaberin."

Aberashs Geschichte zeigt eine größere Herausforderung auf: Obwohl Äthiopien einer der größten Kaffeeexporteure der Welt ist, sind Menschen mit Behinderungen in diesem Sektor nach wie vor unterrepräsentiert. Sie ist entschlossen, das zu ändern.

"Ich möchte jungen Menschen mit Behinderungen zeigen, dass wir in den Sektor einsteigen und sogar in den Führungsebenen erfolgreich sein können. Eines Tages möchte ich selbst Exporteurin werden und mich für eine integrativere Politik einsetzen."

Durch CAFÉ erlangte Aberash das Wissen und das Selbstvertrauen um Hindernisse zu überwinden und mit gutem Beispiel voranzugehen. Ihr Ehrgeiz geht über den persönlichen Erfolg hinaus. Sie träumt davon, ein Zeichen zu setzen, andere zu inspirieren und eine Kaffeeindustrie zu gestalten, in der Inklusion die Regel und nicht die Ausnahme ist. 

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Light for the World

Für Amanuel Tesfaye, einen 26-jährigen gehörlosen Absolventen der Universität Addis Abeba, war der Karrierestart ebenfalls mit Herausforderungen verbunden. Wie viele junge Menschen mit Behinderungen in Äthiopien sah sich auch Amanuel mit systemischen Hindernissen konfrontiert: begrenzte Arbeitsmöglichkeiten, ein Mangel an integrativen Arbeitsplätzen und gesellschaftliche Irrtürmer darüber, was Menschen mit Behinderungen erreichen können.

Das CAFÉ-Projekt ermöglichte Amanuel die Teilnahme an einer Barista-Schulung im Coffee Training Center der Ethiopian Coffee and Tea Authority, einem Zentrum für Spitzenkaffee. Als er zum ersten Mal den Schulungsraum betrat, kannte er keine Brühtechniken oder Kaffeekunst, nun bereitet er selbstbewusst Espresso zu, beherrscht die Kunst der Latte Art und weiß mehr über die tiefgründige Geschichte des Kaffees in Äthiopien 

"Äthiopien ist weltweit für seinen Kaffee bekannt, doch der Sektor war nicht inklusiv", sagt Amanuel. "Bisher habe ich noch nie gesehen, dass Menschen mit Behinderungen als Baristas arbeiten. Diese Ausbildung bringt mich meinem Traum näher, ein eigenes Café zu besitzen und andere junge Menschen mit Behinderungen zu inspirieren. Ich möchte zeigen, dass wir das auch schaffen können."

Amanuels Entschlossenheit wird nicht nur von persönlichem Ehrgeiz angetrieben. Er möchte Stereotypen durchbrechen und Chancen für andere schaffen. Mit der Unterstützung von Ausbildern, Mitarbeitern und Kommilitonen erwirbt er nicht nur technische Fähigkeiten, er baut selbstbewusst sein berufliches Netzwerk in Äthiopiens pulsierender Kaffee-Wertschöpfungskette auf.

Light for the World ist eine globale Behinderten- und Entwicklungsorganisation, die vor 30 Jahren gegründet wurde und sich auf Behindertenrechte und Augengesundheit konzentriert. Light for the World hat die Bedeutung von Augengesundheit, Bildung, wirtschaftlicher Stärkung und humanitärer Hilfe erkannt und setzt sich dafür ein, dass niemand zurückgelassen wird. In Ländern wie Burkina Faso, Äthiopien, Kenia, Mosambik, Südsudan und Uganda unterstützt die Organisation die ärmsten und am schwersten zu erreichenden Gemeinschaften und schafft so nachhaltige Veränderungen. Mehr Informationen unter: Home - Light for the World International

Bei einer Bevölkerung von derzeit 130 Millionen Menschen in Äthiopien haben über 22 Millionen Menschen eine Behinderung. Etwa 95 % dieser Menschen leben in ländlichen Gebieten. Darüber hinaus gibt es in Äthiopien etwa 5 Millionen kleine Kaffeebauernhaushalte, in denen mehr als 25 Millionen Menschen in der Kaffeeproduktion, der Verarbeitung und dem Verkauf tätig sind. Angesichts des hohen Prozentsatzes von Menschen mit Behinderungen, die in ländlichen Gebieten leben, könnte eine beträchtliche Anzahl von ihnen in den Kaffeeanbau integriert werden. So werden Beschäftigungsmöglichkeiten verbessert und zum Wachstum der Branche beigetragen. Diese Chance wurde jedoch aus verschiedenen Gründen nicht voll ausgeschöpft, unter anderem wegen der zahlreichen Hindernisse, denen Menschen mit Behinderungen gegenüberstehen. Laut einer ILO-Studie kann der Ausschluss von Menschen mit Behinderungen vom Arbeitsmarkt in Ländern wie Äthiopien zu einem Verlust von bis zu 7% des nationalen BIP führen.